Medebach und die Hanse
Die älteste Grundlage zur Bestimmung des Alters der Stadt Medebach ist die erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahre 1144. Medebach wird in dieser Urkunde als eine ansehnliche Stadt mit einem öffentlichen Markt, mit einer Fleischerhalle, mit Kaufläden und mit dem Königsbanner versehen, geschildert. Der Landesherr, Erzbischof Arnold der Erste von Köln, verleiht der Stadt Medebach bei dieser Visitationsreise die Marktrechte der Stadt Soest. 21 Jahre später, am 31. August 1165, erweitert und bestätigt der Erzbischof Rainald von Dassel diese Gesetze.
Schon diese in lapidarer Kürze gemachten Angaben bestätigen die wirtschaftliche Bedeutung Medebachs in damaliger Zeit und sind ein Beweis für die sehr frühe merkantile Betätigung Medebacher Bürger. Dass diese Handelstätigkeit ein Handel mit fremden Ländern war, wird in dem 1165 aus 25 Artikeln bestehenden Medebacher Statut deutlich, in dem das gesamte Rechts- und Marktwesen für die damalige Stadt Medebach beschrieben wurde. In Artikel 15 ist der Geldverkehr zwischen Handel treibenden Ländern geregelt. Es heißt dort:
„Wer sein Geld einem Mitbürger gibt um damit in Dania (heute Dänemark) oder Rucia (Russia heute Russland) oder einer anderen Gegend Geschäfte zu machen, soll zum beiderseitigen Besten treue Mitbürger hinzunehmen, damit sie Augenzeugen seien, wenn der Empfänger des Geldes später als Schurke verfahre und unter falschem Eide das Geld behalten wolle, so soll der Darleiher durch das Zeugnis des Augenzeugen in kräftiger Weise sein Recht beweisen.“
Diese Bestimmung ist eindeutig hansebezogen und eine frühe Form eines deutschen Gesellschaftsvertrages.
Die Hanse wird seit dem 12. Jahrhundert im engeren Sinne als Gruppe oder Gemeinschaft reisenden Kaufleuten interpretiert. Zu dieser Zeit entstanden die Bestimmungen von 1165, auf die in der allgemeinen Geschichte der Hanse stets Bezug genommen wird. Die Anfangszeit der Hanse war die Kaufmannshanse. Sie vollzog sich in freier ungehinderter Handelstätigkeit im Ostseeraum. Wenn auch nicht immer in eigener Regie, so ist dann doch über die vielfachen Verflechtungen mit der Stadt Soest, der damals beherrschenden Handelsstadt des kurkölnischen Sauerlandes, von Medebacher Kaufleuten Fernhandel betrieben worden. Die Kaufmannshanse war eine für viele Menschen hilfreiche Organisation, die zu einer Besserung der Lebensverhältnisse führte.
Es war die Blütezeit Medebachs, in der Fleiß und handwerkliches Können gepaart mit unternehmerischen Fähigkeiten einzelner Bürger einen Aufschwung der Stadt ermöglichten. Diese Blütezeit wurde jedoch schon 1179 durch die Zerstörung der Stadt durch Bernhard von der Lippe, einem Vasall Heinrich des Löwen jäh unterbrochen. Nach dem Wiederaufbau konnte die Stadt in der Folgezeit nur im geringen Masse an die frühere blühende Kaufmannshansezeit anknüpfen.
War die Hanse zunächst eine private Gemeinschaft Handel treibender Kaufleute, so kam es 1356 unter Leitung der Stadt Lübbeck zu einem förmlichen Zusammenschluss vieler Städte zu einem Hansebund. Es begann die Ära der Städtehanse. Etwa 70 Städte zählten zum Kern der Städtehanse, weitere 130 hatten sich ohne feste Bindung angeschlossen, zu denen Medebach, aber auch Küstelberg als kleinster Ort im Hanseverzeichnis des „Kölner Drittels“ gehörte. 1450 wird der Stadt Medebach das Markt- und Akiserecht verliehen, wonach sie berechtigt war, für bestimmte Waren einen Durchfuhrzoll zu erheben. Kaiser Karl der Fünfte verleiht am 24. Mai 1521 auf dem Reichstag zu Worms – der durch die Anwesenheit Martin Luthers in die Geschichte eingegangen ist – ein weiteres Marktrecht zur Verfestigung wirtschaftlichen Handelns in Medebach.
Im Laufe der Entwicklung der Städtehanse kam es später zu fest gefügten Formen und Reglementierungen, die dem ursprünglichen Zweck nicht förderlich waren. Auch die Hegemoniebestrebungen einiger Hansestädte sowie die politischen Interessen verschiedener Landesherrn führten später zum Untergang der Städtehanse. Auch in Medebach hatte die Hanse schon vor dem allgemeinen Verfall keine Bedeutung mehr.
Bei der hansischen Bedeutung Medebachs ist zu unterscheiden zwischen der frühen Kaufmannshanse und der späteren Städte- Hanse. Als eine der ältesten Städte Westfalens waren Medebacher Fernhandelskaufleute während der Kaufmannshanse sehr aktiv. Während der Städtehanse war Medebach nur nominelles Mitglied des Hansebundes. Hansische Aktivitäten waren nur im beschränkten Maße vorhanden.
Gemäß Artikel 15 des Medebacher Statuts vom 31. August 1165 kann sich Medebach aber mit Fug und Recht als frühe Hansestadt bezeichnen. Ende des 20. Jahrhunderts haben ehemalige Hansestädte aus Westfalen, Niedersachsen und Hessen den alten Bund neu aufleben lassen.
Die Gründungsurkunde des Westfälischen Hansebundes wurde 1983 unterzeichnet und die alte Reichs- und Hansestadt Herford zum Hansekontor bestimmt. 2011 zählt dieser Bund 45 Mitglieder.
Die Mitgliedsstädte dieser alten und neuen Hanse wollen beweisen, dass der alte hansische Gedanke wieder dazu beiträgt, die Attraktivität einer Stadt zu steigern und eine Anziehungskraft auszuüben, wie man es von einer Hansestadt erwartet.