Historischer Stadtrundgang
An insgesamt 14 Stationen ist viel Wissenswertes über die Hansevergangenheit, die Gerichtsbarkeit oder die Kirchengeschichte Medebachs zu erfahren. Vorbei an alten Fachwerkhäusern, idyllischen Straßenzügen und bunten Gärten führt Sie der ca. 1,5 km lange Weg kreuz und quer durch Medebach.
Für Gruppen werden vom Heimat- und Geschichtsverein Medebach geführte Touren angeboten. Bitte melden Sie sich hierzu bei der Tourist-Information unter 02982-9218610.
Folgende Stationen erwarten Sie
Station 1 | Marktplatz: Die Entwicklung der Stadt mit Schwerpunkt Hanse
Hansestadt Hamburg, Hansestadt Bremen – das kennt man! Aber „Hansestadt Medebach“ ?!? – mitten im Binnenland, was soll das bedeuten?
Die westfälischen Städte, z.B. Soest, Dortmund und auch Medebach, welche an den alten Handelsstraßen durch Deutschland lagen, schlossen sich schon sehr früh dem Hansebund an. Diese Organisation gab ihnen Sicherheit beim Handel in fernen Ländern.
Medebach ist die erste deutsche Stadt, welche urkundlich einen Handel mit „Datia“ und „Russia“, also Dänemark und Russland, bereits im Jahre 1165 nachweisen kann.
Medebacher Bürger wurden im Mittelalter in bedeutenden Positionen in baltischen Hansestädten genannt, so war ein „Johannes de Medebecke“ Bürgermeister in Reval, heute Tallin.
Nach dem Niedergang der Hanse begann jedoch auch der wirtschaftliche Niedergang der Stadt Medebach, welche letztendlich durch die schweren Drangsale im dreißigjährigen Krieg ihre frühere Bedeutung verloren hat. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich Medebach zu einer Ackerbürgerstadt, erst im 20.Jahrhundert erfolgten die Ansiedlung von Industriebetrieben und die zunehmende Öffnung für den Tourismus.
Station 2 | Kirchengeschichte der Urpfarrei Medebach
Die Missionierung des Sauerlandes begann bereits im 7. Jahrhundert, jedoch mit wenig Erfolg. Erst Karl der Große konnte das Christentum im hiesigen Raum endgültig durchsetzen.
1144 kam Bischof Arnold von Köln „bis an die äußersten Grenzen seines Bistums und weihte hier eine Kirche. Bereits 1120 wird eine Peterskirche unter Kölner Patronat erwähnt. Seit 1220 war das Patronat der Pfarrkirche beim Kloster Küstelberg, später Kloster Glindfeld.
In der Reformationszeit wurde Medebach kurzzeitig protestantisch, durch den Einsatz des Klosters Glindfeld kehrte die Stadt jedoch bald zum alten Glauben zurück.
Im 30-jährigen Krieg brannte Medebach mehrfach ab, 1634 auch die Kirche. In dieser Zeit wurde das „Gelobte Fest“, auch heute noch der höchste Medebacher Feiertag, durch Bürgermeister Hermann Schmidt eingesetzt.
Der Stadtbrand von 1844 zerstörte die Pfarrkirche endgültig, sodass 1856 ein kompletter Neubau erstellt wurde. Dieser wurde 1941 und 1972 jeweils grundlegend renoviert. Das seit dem Mittelalter bestehende Dekanat Medebach wurde im Jahr 2006 aufgelöst.
Station 3 | Geschichte der Medebacher Kirchengebäude und des Klosters Glindfeld
Die Andreaskapelle wird erstmals 1283 urkundlich erwähnt. Die ältesten Bauteile jedoch stammen bereits aus dem 8. Jahrhundert. Eine Inschrift weist auf das Jahr 1341 hin, das Datum der damaligen Renovierung. Sie ist das älteste Gebäude im Stadtgebiet Medebach.
Die evangelische Kirchengemeinde wurde im Jahr 1837 gegründet. 1839 begann der Bau der Kirche, welche 1840 eingeweiht wurde. Der Anbau des Turms erfolgte erst 1864.
Im Jahr 1179 wurde in Küstelberg, direkt an der Heidenstraße ein Kloster errichtet. Dieses wurde im Jahr 1298, wegen des rauen Klimas, ins mildere Glindfeld verlegt. Bis 1499 war das Kloster ein Frauenkloster der Augustinerinnen. Von 1499 bis zur Säkularisierung im Jahre 1803 war der Kreuzherrenorden dort ansässig. Die Kreuzherren wirkten nicht nur auf dem Gebiet der Seelsorge, sondern gaben auch wichtige Impulse in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Kultur für die gesamte Region. Nach 1803 diente das Kloster als staatliches Forstamt, nach dessen Auflösung wurde es privat verkauft.
Station 4 | Kriege, Brände und Epidemien
„Grenzland ist Kampfland“ – diesen Satz hat Medebach, als westfälische Stadt an der Grenze zu Waldeck, oft gespürt. Schon im Jahre 1179 wurde Medebach von den Anhängern Heinrichs des Löwen eingenommen und niedergebrannt.
Im 14. Jahrhundert wurde die Stadt wiederholt von Pestepidemien heimgesucht. Im Jahre 1597 vernichtete ein Stadtbrand 70 Häuser.
Die schlimmsten Auswirkungen auf die Stadt hatte jedoch der 30-jährige Krieg. In den Jahren von 1634 bis 1636 wurden 260 Häuser, Scheunen, Ställe, die Kirche, das Rathaus und die Schulen niedergebrannt. Die Bürger flohen vor den feindlichen Truppen in die Wälder, dort brach die Pest aus und daran starben über 300 Menschen.
Daraufhin legten die Bürger im Jahr 1636 „für sich und ihre Nachkömmlinge“ ein Gelübde ab, jährlich „am Samstag vor Johannes dem Täufer“ einen „feierlichen Bußtag abzuhalten“. Dieses „Gelobte Fest“ wird bis heute begangen.
Im Jahr 1807 brannte die Niederstraße ab. Im Jahr 1844 erlebte Medebach erneut eine schwere Brandkatastrophe: Durch Böllerschüsse zu einer Hochzeit fing ein Strohdach Feuer und griff sofort auf die benachbarten Häuser über. Es wurden 117 Häuser, die Kirche, das Rathaus und die Schulen vernichtet. Im Jahr 1849 vernichtete eine Feuersbrunst 27 Häuser an der Österstraße, welche den vorherigen Brand überstanden hatten.
Im ersten Weltkrieg starben 92 Medebacher Soldaten, im zweiten Weltkrieg 219 Soldaten und Zivilisten.
Station 5 | Gerichtsbarkeit und Rechtsgeschichte
1165 bestätigt Erzbischof Reinald von Köln der Stadt Medebach ihre Stadtrechte und eigene Gerichtsbarkeit. Damals existierten mehrere Gerichte: das Sendgericht für Glaubenssachen, der alltägliche Richter für Diebstähle bis 12 Pfennig, das Gericht des Schultheißen für Streitigkeiten von 13 bis 30 Pfennig, das Vogteigericht für alle größeren Zivil- und Strafsachen, sowie das Ratsgericht.
Im Jahr 1350 dokumentierten die Medebacher ihr eigenes Recht. Das darin erhaltene Eherecht mit statuarischer Gütergemeinschaft galt bis ins Jahr 1860. Die Zuständigkeit des Vogteigerichts ging im 14. Jahrhundert auf die Freigrafen über. Seit 1519 war Heinrich Beckmann Freigraf in Medebach. Er fällte mit großer Selbstverständlichkeit Urteile auch in auswärtigen Streitigkeiten wenn jemand klagte, der sein Recht woanders nicht bekam.
Leider ist auch das erste überlieferte Urteil aus einem westfälischen Hexenprozess von ihm. Er verurteilte fünf Frauen aus Winterberg: „Man soll sie bringen in das Feuer und sie zur Asche verbrennen, damit sie das nicht mehr tun“.
Der Freistuhl bestand noch bis etwa 1650. Zu dieser Zeit gab es jedoch zeitgleich einen hauptamtlichen kurfürstlichen Richter. 1802 besetzten die Hessen das Herzogtum Westfalen und errichteten das „Landgräflich Hessisches Justizamt“, welches 1816 durch ein „Königlich Preußisches Stadt- und Landgericht“ , dem heutigen Amtsgericht ersetzt wurde.
Station 6 | Fachwerk: Entstehung, Bautechnik und Geschichte
Das Fachwerk ist die ursprüngliche Bauweise der Menschheitsgeschichte. Aus den Hütten der Urmenschen entwickelte sich ein Baustil, der das Landschaftsbild bis in die Neuzeit prägte. Aus der ursprünglichen Pfostenbauweise entwickelte sich die Ständerbauweise, die im 15. Jahrhundert durch die Untermauerung mit Fundamenten und darauf liegenden Schwellbalken seine Vollendung fand.
Bedingt durch die vielen Stadtbrände sind leider nur noch sehr wenige ganz alte Fachwerkhäuser erhalten, so wie das Haus Tielke von 1645, das älteste Wohnhaus in Medebach. Bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es, bis auf die Kirchen und wenige Ausnahmen, nur Fachwerkhäuser in der Stadt.
Obwohl diese Gebäude recht groß waren, verfügten sie nur über wenig Wohnraum. Außer der Wohnküche gab es nur ein bis zwei Schlafkammern und eine gute Stube. Der Rest war landwirtschaftliche Nutzfläche. Bei den meisten Häusern befand sich giebelseitig das „Deelentor“, ein großes Scheunentor als Hauptzugang des Hauses. Vor dem Wohnbereich befanden sich hier die Stallungen des Viehs. Im Winter diente die Körpertemperatur der Tiere als zusätzliche Wärmequelle. Insgesamt waren die damaligen Wohnverhältnisse nicht unbedingt komfortabel. Heute sind die bestehenden Fachwerkgebäude meist ausgebaut und für reine Wohnzwecke umgenutzt.
Station 7 | Verwaltungsentwicklung der Stadt Medebach
Bei den Germanen ordnete das „Thing“, das heißt die Versammlung der Freien Bauern, das Zusammenleben der Gesellschaft. Nach der Christianisierung in Karolingischer Zeit wurde die Ordnungsfunktion des Zusammenlebens der Menschen durch das Pfarrgericht erfüllt. Dieses wurde im 12. Jahrhundert durch das Go- Gericht (Gaugericht) abgelöst. Diesem folgte seit 1333 das Amt Medebach mit dem Umfeld der Städte Hallenberg und Winterberg,
Diese Städte selber blieben amtsfrei. Über 623 Jahre, von 1180 bis 1803, war der Erzbischof von Köln zugleich Landesherr des Kurkölnischen Sauerlandes. In Hessen-Darmstädtischer Zeit verloren die Städte Hallenberg, Medebach und Winterberg ihre Amtsfreiheit und wurden dem neuen Amt Medebach unterstellt. Nach dem Wiener Kongress fiel das Herzogtum Westfalen an Preußen. Es entstanden der Regierungsbezirk Arnsberg und die Provinz Westfalen mit der Hauptstadt Münster. Von 1817 an gab es den Kreis Medebach, mit den Städten Hallenberg, Medebach, Schmallenberg und Winterberg. Dieser wurde jedoch bereits 1818 wieder aufgelöst. Hallenberg, Medebach und Winterberg kamen zum Kreis Brilon, Schmallenberg zum Kreis Meschede. Die Stadt wurde durch sechs gewählte Stadtverordnete, mit dem Stadtvorsteher an der Spitze, vertreten. Leiter der Amtsverwaltung war der Amtmann.
Die NS-Zeit brachte eine radikale Änderung der Verwaltungsentwicklung, die demokratische Selbstverwaltung wurde abgeschafft und die NSDAP herrschte unbeschränkt.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Land Preußen aufgelöst und es entstand das Land Nordrhein-Westfalen. 1969 wurden das Amt Medebach und der Kreis Brilon aufgelöst und die Stadt Medebach gehört zum Hochsauerlandkreis.
Station 8 | Kleinbahn Steinhelle – Medebach
Am 26.03.1889 fand in Medebach eine Versammlung statt, bei der dringend der Anschluss der Stadt Medebach an das Schienennetzt gefordert wurde. Genehmigt wurde hieraufhin jedoch nur eine Schmalspurbahn. Diese Bahn verlief dann von Steinhelle (Anschluss an die Reichsbahn) bis Medebach, mit einer Spurbreite von 75 cm über eine Sreckenlänge von 36,3 km.
Die Eröffnung der Gesamtstrecke erfolgte mit dem letzten Teilstück von Oberschledorn nach Medebach am 01. Mai 1903. Eine Besonderheit der Kleinbahn befand sich zwischen Deifeld und Küstelberg: Hier musste ein Höhenunterschied von 140 Metern auf einer Streckenlänge von nur 2,5 km durch eine doppelte Spitzkehre gemeistert werden, eine in Europa einmalige technische Meisterleistung. Aus wirtschaftlichen Erwägungen wurde der Betrieb der Kleinbahn Steinhelle – Medebach bereits nach nur 50 Jahren, am 23.06.1953 wieder eingestellt. Heute wäre die Bahn eine Touristenattraktion. Da ein Nachbau im Maßstab 1 zu 1 nicht finanzierbar wäre, wurde sie zumindest im Maßstab 1 zu 45 wieder zum Leben erweckt und ist im Hansesaal des städtischen Museums in Medebach zu besichtigen.
Station 9 | Flora, Fauna und Klima
Die Medebacher Bucht als die “Toskana des Sauerlandes” bezeichnet, unterscheidet sich klimatisch recht stark von der “rauen Bergwelt” dieser Region. Die wetterbegünstigte Lage profitiert vom Regenschatten des 800 Meter hohen Rothaargebirges. Mit einer Jahresmitteltemperatur von 7 Grad und nur 700 mm Niederschlag, trägt die halboffene, sanfthügelige Landschaft mit einer Höhenlage von 400 bis 775 Metern ihren Kosenamen also wirklich zu Recht.
Die geringe Bodenkrume auf schieferhaltigem Gestein ließ über Jahrhunderte eine kleinparzellierte Kulturlandschaft mit vielen Lebensräumen, wie Feuchtwiesen, artenreichen Mähwiesen, Bergheiden mit Ginsterköpfen, Hecken und blütenreiche Wegraine entstehen. Sie sind Heimat für viele heute gefährdete Tier- und Pflanzenarten.
Das gleiche gilt auch für die ausgedehnten Buchenwälder und intakten Fließgewässer, die ein Stück der ursprünglichen Landschaft repräsentieren.
Station 10 | Von der Stadtbefestigung zur Ackerbürgerstadt
Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Stadt befand sich auf der Anhöhe um die Kirche und den Marktplatz. Diese Siedlung wurde durch einen Graben, welcher erstmals 1165 urkundlich erwähnt wurde, sowie vermutlich durch eine Palisadenwand geschützt. Einen natürlichen Schutz boten die Sümpfe, welche die Stadt an drei Seiten umgaben.
Durch das Anwachsen der Bevölkerung dehnte sich die Stadt weiter aus, bis sie ein Ausmaß erreichte, welches durch die noch heute so bezeichneten Wallstraßen, den Nordwall, den Ostwall den Südwall, sowie die Savoyenstraße begrenzt wurde. Im Jahr 1271 war die erst Mauerbefestigung der Stadt vollendet, bereits 1304 wurden die Mauern erweitert und auch um das Jahr 1400 wurde, durch Zuzug aus den umliegenden Dörfern, nochmals kräftig erweitert. Die Stadtbefestigung hatte drei Tore: Das Oberntor, das Niederntor sowie das Österntor.
Außerhalb der Stadtmauer befanden sich das Siechenhaus für Aussätzige, die Lohmühle, in welcher Leder gegerbt wurde, sowie die städtischen Mahlmühlen an der Orke. Die Stadtmauern waren umgeben vom Stadtgraben, welcher durch die Medebach gespeist wurde. An der Zuleitung der Medebach in den Stadtgraben befand sich die Stadtmühle, welche die Aufstauung des Wassers für ihren Betrieb nutzte.
Im 30-jährigen Krieg wurde die Stadtmauer geschleift, die Steine wurden später als Baumaterial für Häuser verwandt. In der Folgezeit wuchs die Stadt weit über die ehemaligen Mauern hinaus. Das letzte erhaltene Stück Stadtmauer befindet sich hinter der Stadtmühle.
Station 11 | Entwicklung von Gewerbe und Industrie
Nach dem Niedergang der Hanse wurde Medebach zur Ackerbürgerstadt, das heißt die Bewohner der Stadt bewirtschafteten die außerhalb der Stadt gelegenen Felder. Zusätzlich wohnten Handwerker in der Stadt, wie zum Beispiel eine große Anzahl von Schuhmachern, welche ihre Produkte durch einen deutschlandweiten Hausierhandel vertrieben.
Nach der Übernahme des Kurkölnischen Westfalens durch Preußen im Jahr 1816 galt auch hier die Gewerbefreiheit. Bereits 1822 wurde Arnold Bange die Genehmigung zum Betrieb einer Ölmühle erteilt. In dieser Zeit wurden im gesamten Stadtgebiet Anträge zum Betrieb von Mühlen erteilt. 1898 bestanden in Medebach 10 Mühlen, in welchen Mehl gemahlen, Holz gesägt, Öl gepresst, oder wie in Medelon, Nagelschmieden betrieben wurden.
Bergbau gab es in Medebach bereits im Mittelalter, es wurde Kupfer und in geringen Mengen Eisenerz abgebaut. In der Neuzeit wurde durch einen Graf Spee nochmals der Abbau von Kupfererz versucht, jedoch ohne lohnenswerte Ausbeute. 1912 wurde in Dreislar eine Schwerspatgrube errichtet, die noch heute im Museum zu besichtigen ist.
1866 nahm Carl Ewers in Küstelberg die Produktion von Wirkwaren auf. 1897 übersiedelte der Betrieb nach Medebach und wurde, bis zur Übernahme durch die Falke - Gruppe, einer der bedeutenden Strumpfhersteller Deutschlands.
Heute beheimatet Medebach die Firma Borbet als bedeutenden Hersteller von Alufelgen, den Aufzugshersteller SAM Schmidt Aufzüge Medebach, den Maschinenbaubetrieb Paul Köster, Fa. Anfotec sowie eine Anzahl mittelständischer Betriebe in Produktion und Handel.
Station 12 | Geschichte der jüdischen Gemeinde Medebach
In Medebach lebten Juden seit 1568. Sie waren bis zu Hitlers „Machtergreifung“ 1933 Medebacher wie alle anderen auch. Die jüdische Gemeinde hatte seit Anfang des 19. Jahrhunderts ihre Synagoge -einen Betraum- im Hause Emanuel Meyerhof in der Österstraße 15, dem heutigen Haus Humberg. Beim Brand der Österstraße im Jahr 1849 brannte auch das Haus Meyerhof mit der Synagoge ab.
Im Jahr 1855 baute die jüdische Gemeinde ein neues Gotteshaus in der Oberstraße, die in der Nacht vom 10. auf den 11. November 1938 von den Nazis eingerissen wurde. Die meisten jüdischen Familien wohnten im Bereich der Kapellenstraße. Neben der weit verzweigten Familie Meyerhof gab es in Medebach noch die jüdischen Familien Stern, Stahl, Frankenheim und Stessmann.
Als nach 1933 der Druck der nationalsozialistischen Machthaber auf die jüdische Bevölkerung immer größer wurde, gelang einigen noch die Flucht aus Deutschland. Nachfahren der Medebacher Juden leben heute noch in den USA, in Südamerika und in Israel.
Elf jüdische Mitbürger wurden in den Vernichtungslagern des „Dritten Reichs“ ermordet. Der jüdische Friedhof ist noch erhalten und befindet sich am Glindfelder Weg.
Station 13 | Sozialgeschichte – vom Siechenhaus zum Altenheim
Die Versorgung alter, armer, kranker und gebrechlichen Personen war zu allen Zeiten ein Hauptanliegen der Medebacher Bürger. An dieser Aufgabenstellung hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. Denn durch die gestiegene Lebenserwartung nimmt die Zahl pflegebedürftiger Menschen weiter zu.
In der Stadt Medebach gab es schon im Spätmittelalter eine Einrichtung zur Versorgung der Pestkranken. Dieses so genannte „Klapperhaus“ stand wegen der Infektionsgefahr außerhalb der Stadtbefestigung. Die Bewohner machten sich durch Betätigung von Klappern, das heißt durch Lärmerzeugende Instrumente bemerkbar.
Der Verkauf des Standortes des Siechenhauses bildete später den Grundstock der Medebacher Armenkasse, deren Fond durch Schenkungen und Stiftungen erheblich verbessert wurde. Die Leistungen der Armenkasse bestanden in der Bereitstellung von Bekleidung an arme Schulkinder sowie die Nahrungsversorgung armer Familien.
Im Jahr 1867 entstand auf Anregung des Pfarrers Anton Leisten ein Krankenhaus in der Österstraße. Die Betreuung der Kranken übernahm der Orden der armen Dienstmägde Christi. Nach damaligen Selbstverständnis wurden dort nicht nur Kranke, sondern auch „Ortsarme und Alterschwache“ aufgenommen.
Station 14 | Steinbruch im Brühnetal, Grube Malachit
Aufgeschlossen sind im unteren Bereich der Steinbruchwand die sog. „Kulm-Kieselschiefer“ – dunkle, schwärzlich-graue Gesteine aus dem Erdzeitalter „Karbon“. Sie wurden vor ca. 340 Millionen Jahren am Grund eines Meeres abgelagert, das damals große Teile des heutigen Mitteleuropa bedeckte. Die Gesteine zeigen eine deutliche Schieferung und bilden schön sichtbare Faltenstrukturen, die einen Einblick in den inneren Bau des Rheinischen Schiefergebirges mit seinen Groß- und Kleinfalten ermöglichen.
Mit einer deutlich sichtbaren Grenze werden die dunklen Kieselschiefer von hellergrauen „Kulm-Kieselkalken“ überlagert – wohlgeschichtete, plattige Kalksteine, deren einzelne Bänke meist 5-15 cm mächtig sind. Sie sind durch unterschiedliche Gehalte an Kalk oder Kieselsäure z.T. heller oder dunkler gebändert, auch reine Kieselschiefer-Schichten können vorkommen.
Vor ca. 300 Millionen Jahren kam es zu dramatischen Veränderungen im karbonzeitlichen Meeresbecken. Durch die Kollision zweier Kontinente wurden die auf dem Meeresboden abgelagerten Gesteinsschichten gefaltet, aus dem Meer herausgehoben und zu einem Gebirge aufgetürmt: Das „Rheinische Schiefergebirge“ war entstanden. Der Steinbruch befindet sich im Gebiet einer besonders herausgehobenen Zone, dem sog. „Medebach-Goldhausener Sattel“. In seinem Kern sind die ältesten Gesteinsschichten des Karbons aufgeschlossen. Nach Nordwesten und Südosten wird der Kern an den Flanken von jüngeren Gesteinsschichten umhüllt. Der Sattel wird von der Brüne quer geschnitten, so dass im am Talrand gelegenen Steinbruch die unterschiedlichen Schichten sichtbar sind.